Zwischen dem Hoch– und dem Spaetmittelalter gab es eine kulturelle Revolution. Ca. um 1300 verlor der Adel zunehmend an Einfluss und Macht an aufstrebende Staedte und reiche Kaufleute.
Das Geld hielt nun auch Einzug bei Bauern und gemeinem Volk – welches vorher beinahe ausschliesslich Tauschgeschaefte machte oder sich als Lehnsmann das Noetige von seinem Grundherren besorgte. Viele bisher reiche und Einflussreiche Adels– und Ritterhaeuser kamen mit dieser neuen Gegebenheit nicht zurecht und stuerzten sich in den finanziellen Ruin, aus einfachem schlichten oekonomischer Unerfahrenheit.
Ein Beispiel:
Pachtvertraege wurden vor diesem Schnitt durch eine vorher festgelegte Abgabe an Naturalien abgegolten. Zum Beispiel musste ein Bauer fuer ein Morgen Land so und so viel Scheffel Korn beim Herrn abliefern oder eine bestimmte Anzahl Eier, Fruechte oder andere Erzeugnisse.
Jetzt kam das Geld aber ins Spiel:
Da jetzt auch der niedere Stand im Besitz von Geld war, konnte man Pachtvertraege auch mit diesem scheinbar neutralen Medium abschliessen. Die meisten Grundherren die so etwas machten, trieben sich selbst in den Ruin, denn was vergessen wurde war, dass Geld einen Wertverfall ueber die Zeit hat. So wurden langjaehrige Vertraege geschlossen zu einem festgelegten Geldbetrag, welcher mit der Zeit immer weniger Kaufkraft hatte.
Den Bauern und Paechtern kam dies zum Vorteil: Hatten Sie doch auf einmal weniger zu leisten, denn ihre Erzeugnisse konnten sie immer zu dem aktuellen Marktpreis verkaufen, waehrend die Pacht immer weniger wert war.
Diese Entwicklung ging auch nicht an den Helfensteinern spurlos vorbei.
Und als Ulrich V., Graf von Helfenstein-Wiesensteig die Maria von Bosnien heiratete, damit deren Kindern die Fuerstenwuerde erreichen wuerden, waren die Helfensteiner bereits finanziell leicht angeschlagen. Leider lebten Ulrich und Maria einen sehr ausschweifenden und luxurioesen Lebensstil – das Geld zerrann Ihnen zwischen den Fingern.
Einen Ausweg bot die durch die Geldwirtschaft immens einflussreich gewordene Reichsstadt Ulm, die den Helfensteinern Darlehen um Darlehen gewaehrte. Allerdings waren die durch ihren Adelsstatus und die oekonomische Unwissenheit geblendeten Helfensteiner nicht in der Lage, diese Darlehen auch zurueckzuzahlen und so schuldeten Sie der Reichsstadt Ulm als die Rueckzahlung 1396 faellig wurde nicht weniger als 123.439 Gulden – in heutigen Massstaeben eine hohe zweistellige Millionensumme!
Ulm pfaendete darauf hin mehr als die Haelfte allen helfensteinischen Besitzes – das Grafengeschlecht sank in die Bedeutungslosigkeit.
Ein Hof nach dem Anderen – eine Burg nach der anderen verfiel, weil Gelder zur Instandhaltung fehlten oder diese verkauft wurden. Zuletzt versuchten man noch mit Einheiraten, unter Anderem die wohlhabende Familie Ruck aus Blaubeuren, die Finanzen zu retten – was lediglich zur Konsolidierung fuehrte. Die einstige Groesse und die einstige Macht sollten sie nie wieder erreichen.
Eine kleine Anekdote ist aus dieser Zeit ueber die Helfensteiner erhalten:
Ein kleines Gedicht aus jener Zeit, welches im Blaubeurer raum kursierte, beschreibt das Schicksal der Helfensteiner, der Familie Ruck, Burg Blaustein und den Ort Gerhausen:
Gerhausen, Ruck und Blauenstein, das Blatt hat sich gewendet. Der Blauenstein faellt naechstens ein, Gerhausen ist verpfaendet und Dir Ruck, schenk ein, gluck, gluck, zum Trost noch einen Schluck. Verklopfen kann so keiner als wie die Helfensteiner.